Ein kritischer Blick auf Mandriva 2009.1

Update: Inzwischen steht ich Mandriva nicht mehr ganz so kritisch gegenüber.

Nachdem mich der Network-Manager von KDE 4.2 neulich so geärgert habe, wollte ich mal einem System die Chance geben, welches KDE als nativen Desktop verwendet. Da ich eine total unlogische und subjektive Abwehrhaltung gegenüber SuSE verspüre fiel die Wahl auf Mandriva 2009.1. Übrigens, Mandriva, welches damals noch Mandrake hieß, war die erste Linux-Distribution, die ich damals längere Zeit einsetzte.

Aber ich fürchte, die Beziehung steht unter keinem guten Stern.

Installation

Ich betreibe ein System mit Vollverschlüsselung, d.h. die gesamte Festplatte ist verschlüsselt. Dies ist für den Ubuntu-Installer eine harte Nuss, aber Mandriva hat da gleich mal Pluspunkte gesammelt, da ich problemlos eine verschlüsselte Root-Partition anlegen und sogar mein verschlüsseltes Homeverzeichnis einbinden konnte. Diesen Vorsprung konnte es aber nicht lange halten, denn zunächst vergaß das Programm mich darauf hinzuweisen, dass ein vollverschlüsseltes System nicht funktionieren kann, wenn es nicht wenigstens eine unverschlüsselte /boot-Partition gibt. Die Installation lief zwar durch, funktionierte am Ende aber natürlich nicht.

Gut, dass war recht schnell gelöst. Aber dann zeigte sich, wie lieblos die Vollverschlüsselung bei Mandriva implementiert ist. Es ging damit los, dass der USB-Treiber für die Tastatur nicht im 'initrd.img' eingebunden ist. Dadurch konnte ich das Passwort nur an der Laptop-Tastatur eingeben, was an meinem Schreibtisch etwas ungünstig ist, da das Laptop hier auf einem Ständer steht und die Tastatur damit einen unkomfortablen Winkel von ~30° hat - und mein Passwort ist nicht das kürzeste.

Dieses Problem lässt sich aber nach dem Start recht schnell lösen:

$ su
$ mkinitrd -f --with-usb --with=usbhid /boot/initrd-$(uname -r).img $(uname -r)

Nun werden die USB-Treiber eingebunden und vor der Passwortabfrage geladen. Übrigens, bei diesem Schritt muss ich mal anmerken, dass ich die Verwendung eines echten 'root'-Account mit eigenem Passwort im Vergleich zu 'sudo' ziemlich rückständig finde. So Web-1.0-mäßig ;-). Naja jedenfalls wird man recht schnell die nächste Einschränkung bemerken: Das initrd-Script prüft nicht, ob die Passworteingabe erfolgreich war, so dass sich das System mit einer "kernel panic" verabschiedet, wenn man sich mal vertippt hat. Dann hilft nur noch ein harter Reset. Der Grund dürfte darin liegen, dass die vom initrd-Script verwendete Shell 'nash' keine Schleifen und kein 'if' beherscht. Also erstmal die dash-Quelltexte runtergeladen, das Meta-Paket 'task-c++-devel' installiert (übrigens zweimal, da beim ersten mal mit einer angeblich fehlenden Abhängigkeit abgebrochen wurde), und versucht, das ganze mit './configure --enable-static && make' zu kompilieren. Fehlanzeige, es gibt einen Konflikt mit einer der mitgelieferten C-Header-Dateien, die das statische kompilieren verhindert. Nun gut, also 'dash' auf einem Ubuntu-System statisch kompiliert und rüberkopiert. Update: Mandriva liefert bereits ein statisch gelinktes dash mit, es liegt unter /bin/dash.static. Ich habe den Patch für "mkinitrd" entsprechend angepasst.

Das fertige 'dash'-Programm wird nun unter /usr/libexec/dash abgelegt und das Script /sbin/mkinitrd ein wenig modifiziert ('dash' und der Patch für mkinitrd im Anhang). Nun ist das initrd-Image zwar etwas größer, dafür aber auch komfortabler. Ach übrigens, damit das Root-Dateisystem überhaupt erkannt wurde, musste ich die Kerneloption 'root=LABEL=mandriva-root' in 'root=/dev/mapper/crypt_sda7' ändern (siehe /boot/grub/menu.lst).

Netzwerk

Die Netzwerkverwaltung überzeugte. Im Gegensatz zu Ubuntu steht hier das Netzwerk auch ohne besondere Kunstgriffe bereits vor dem Login zur Verfügung. Dafür muss man zum Wechseln der WLAN-Verbindung allerdings auch etwas tiefer in die Einstellungen gehen. WPA-EAP konnte ich noch nicht testen, aber ich gehe davon aus, dass es funktioniert.

Paketverwaltung

Naja was gibt's dazu zu sagen. Wenn man Tools wie 'apt-get' oder 'emerge' gewöhnt ist, dann ist 'urpmi' eine echte Krücke.

Grafische Oberfläche

Merkwürdigerweise legte Mandriva in der Konfiguration eine Auflösung von "1024x768" fest, obwohl das Konfigurationswerkzeug ("Computer konfigurieren > X-Server") durchaus aus meine native Auflösung von 1400x1050 erkannte und akzeptierte.

KDE

Ubuntu legt die KDE-Konfiguration in $HOME/.kde ab, Mandriva in $HOME/.kde4. Ein kleiner Symlink verschafft Abhilfe, wenn man unter beiden Systemen die selbe Konfiguration verwenden möchte.

Außerdem muss man sich erstmal darüber klar werden, dass Mandriva über das gesamte Panel ein zweites gelegt hat. Um das Originalpanel zu erreichen ist es notwendig, rechts drauf zu klicken und "Kontrolleister entfernen" zu sagen - was das System mit einer bedrohlichen Warnung quitiert. Ignoriert man diese, ist aber wieder alles OK.

Nicht OK dagegen sind die Icons im Instant-Messanger "Kopete", welche nun wirklich riesig sind. Die Ursache dafür habe ich noch nicht gefunden. (Nachtrag: "Einrichten > Kontaktliste > Kontaktlistensil > Statissymbole linksbündig". Trotzdem merkwürdig, dass Mandriva diese Einstellung verändert hat.)

Performance

Das wundert mich echt. Im Gegensatz zu Ubuntu fühlt sich Mandriva sehr schwergängig an. Das liegt aber nicht an den Anwendungen, sondern an den CPU-Performance-Einstellungen. Obwohl beide Systeme den "ondemand"-Govenor verwenden, der die Leistung der CPU bei Bedarf erhöht, scheint die Reaktionszeit oder der Schwellwert bei Mandriva höher zu sein, so dass das System einen oftmals bei minimaler Taktfrequenz warten lässt. Update: Mandriva ist unschuldig.

Vorläufiges Fazit

Ich werde Mandriva noch ein paar Tage verwenden, aber es sieht wirklich nicht so aus, als ob wir Freunde werden. Alles, was abseits von der Vorgabe liegt, funktioniert nur halbherzig oder garnicht. Darüber hinaus habe ich innerhalb von nichtmal 24h gefühlt bereits mehr Probleme erlebt als in meiner gesamten bisherigen Ubuntu-Zeit (z.B. die Abhängigkeiten, die erst beim zweiten Durchlauf aufgelöst wurden, obwohl ich nichts verändert hatte). Außerdem vermisse ich 'apt' und 'sudo'. Letzteres kann man natürlich nachinstallieren, dennoch gehen die Systemprogramme davon aus, dass 'root' über ein eigenes Passwort verfügt.

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