Udo hatte mal nen Linux-Rechner

Udo 'Uwe' Vetter hatte mal nen Linux-Rechner - und spontan bricht in den Kommentaren ein Krieg über das Für- und Wider von Linux auf dem Desktop aus. Einige sind der Meinung, dass "ihre Anwendungen" nunmal einfach nicht für Linux existieren, ohne jedoch zu erwähnen, welche Anwendungen das sind. Andere suchen die Schuld bei der Oberfläche der verwendeten Distribution.

Für mich gesprochen muss ich sagen, dass ich mich unter Linux einfach wohler fühle. Wenn ich unter Windows arbeite (was zum Beispiel auf der Arbeit der Fall ist), dann fühle ich mich doch immer irgendwie eingeschränkt in meinen Möglichkeiten. Das hängt von vielen Faktoren ab, und ich kann es nicht wirklich in Worte fassen. Der Komfort der Kommandozeile gehört dazu (auch wenn das für Mausschubser komisch klingt), aber auch die Möglichkeit, tief in das System eingreifen zu können und dennoch keine Neuinstallation zu riskieren. Cygwin gibt einem viel vom Komfort der Bash oder der zsh zurück, aber letztendlich bleibt es ein Aufsatz, der schnell an seine Grenzen stößt.

Für wen sind Linux und andere unixoide Betriebssysteme denn nun geeignet? Nun, meiner Meinung nach vor allem für zwei Zielgruppen. Absolute Anfänger und weniger erfahrene Windowsbenutzer haben nach meiner Erfahrung erstaunlich wenig Probleme, sich in einem KDE oder Gnome zurechtzufinden. Meine Eltern und meine Schwester sind da gute Beispiele. Die Grenzen finden sich dort, wo die Leute Windowsprogramme kaufen und versuchen, diese zu Installieren, oder bei Leuten nach Hilfe fragen, die sich "mit Computern auskennen", aber keinen Blick über den Windows-Tellerrand wagen. Den Fehler dürfte aber jeder nur einmal machen, und auch ich habe in meiner Anfangszeit mal vergeblich versucht, eine Amiga-Diskette im einem 286er zu verwenden.

Die andere Gruppe bilden die Neugierigen und Lernwilligen, zu denen ich mich hier wohl auch zählen sollte. Also Leute, die die Welt außerhalb von Redmond kennenlernen möchten und sich im Klaren darüber sind, dass ihr bisheriges Wissen dabei nur begrenzt nützlich sein wird. Man erlangt den den Vorteil, beide Welten kennenzulernen und wird sich klar darüber, wo die essentiellen Unterschiede liegen. Natürlich wird man seine gewohnten Anwendungen vermissen (es sei denn, man hat schon vorher nur Firefox, OpenOffice.org und co verwendet), aber nur in den seltensten Fällen gibt es keine Alternative. Ich habe im Laufe der Jahre viele "Alternativen" gefunden, die ich nun unter Windows sehr vermisse - KMail zum Beispiel.

Meine Empfehlung an diese Fraktion ist: Ganz oder garnicht. Beide Betriebssysteme parallel zu betreiben verlockt zu leicht, bei Stolperfallen und ungewohntem Terrain "mal eben kurz" auf Windows zu wechseln. Wenn man mit dem neuen System warm geworden ist, und dann tatsächlich noch ein paar fehlende Programme hat, dann kann man sich Windows in einer virtuellen Maschine installieren und bei Bedarf mal eben im laufenden Betrieb starten.

Viele glauben jedoch, dass sie sich mit Windows sehr gut auskennen und deshalb auch Linux problemlos bedienen können müssten. Das ist Humbug, und der Frust nach der entsprechenden Erwartungshaltung natürlich viel größer. Man muss wirklich bereit sein und die Zeit haben, neu zu lernen, wenn man nach Jahren der Windowsbenutzung ein anderes OS anschauen will (das gleiche gilt natürlich auch für den Wechsel von Microsoft zu Apple). Und man muss wissen, dass vieles anders sein wird. Das geht schon bei der Philisophie der Entwickler los, denn die meiste Arbeit wird auch heute noch von Freiwilligen geleistet, in erster Linie für den eigenen Bedarf. Man muss also bereit sein, sich erstmal dem Betriebssystem anzupassen, und es erst im Laufe der Zeit an sich selbst anzupassen.

Comments

Kann ich nur zustimmen, allerdings denke ich das Mac OS es dem Windowsuser generell leichter macht. Ich muss zugeben meine letzte Linux Erfahrung war Ubuntu 4 oder 5, aber das war nicht wirklich einsteigerfreundlich an vielen Ecken. Habe das System ein Jahr lang benutzt und ständig daran basteln müssen (und viel gelernt, sogar Bücher darüber gelesen). Am Ende hat es trotzdem nicht so funktioniert wie ich es gern wollte und mir haben iTunes und ein vernünftiger IM client gefehlt. Beim Mac war mein größtes Umstiegsproblem das ich partout nicht darauf gekommen bin ein Programm einfach per Verschieben in den Papierbkorb zu deinstallieren. Für mich ist der Mac halt die beste Synthese aus Kommandozeilenmacht und benutzerfreundlichem Klickibunti.

Ich habe fast genau die gleichen Erfahrungen gemacht. Habe Micha und ihrer Schwester Linux verpasst und beide kommen damit wunderbar zurecht. Es erfüllt halt seinen Zweck, sie können surfen, Mails schreiben, hier und da mal ein Office-Dokument erstellen und ICQ benutzen. Mehr wollen die schon fast garnicht.

Mein Paps ist da schwieriger. Er fällt nicht wirklich in die Gruppe der Bastler, sodass er zwar probiert sich selbst zu helfen, aber recht schnell aufgiebt beim Umstieg. Darum ist er bislang über einen Parallelbetrieb auch noch nicht hinaus gekommen. Wenigstens surft und mailt er mittlerweile zum größten Teil unter Linux. Problematisch sind aber auch bei ihm Windowsprogramme von denen er sich nicht trennen möchte: Photoshop Elements ist so ein Fall. Gibt es nicht für Linux und läuft unter Wine nicht zufriedenstellend. Gimp ist zwar gut, aber eben nicht genauso und er möchte da dann doch bei gewohntem bleiben. Leichter ist es da mit Firefox, Thunderbird und OpenOffice, die bei ihm schon seit Jahren im Einsatz sind.

Er ist jetzt aber fest entschlossen umzusteigen, wenn er einen neuen Rechner bekommt. Dann will er Linux als Hauptsystem benutzen und eben bei Bedarf Windows in einer VM. Warten wirs ab ... :)