Wir Cyborgs

Wir sind alle Cyborgs. Zumindest sind einige Leute vom CCC der Ansicht. Kristian Koehntopp hat sich seine eigenen Gedanken darüber gemacht. Er schreibt unter anderem:

Ich meine, ich kann nicht mal fernsehen, wenn ich nicht nebenbei meinen Laptop auf dem Schoß habe und ich Wikipedia, IMDB und Google benutzen kann, um Informationen aus der Glotze um das übliche Hintergrundrauschen von Tiefeninformation zu ergänzen. Und ich kann mich Leuten, mit denen ich mich unterhalte, nicht richtig mitteilen, wenn ich an die URLs nicht komme, mit denen ich sie bewerfen will, um Kontext herzustellen. Oder wenn ich den Kontakt zu den Menschen, die mir wichtig sind, nicht halten kann, weil nicht genug Netz da ist, um sie zu erreichen.

Und ich stimme ihm absolute zu, hab ich doch ähnliche Gedanken schon öfters gehabt. Wenn ich mal vor dem Fernseher sitze (was selten vorkommt) und irgendeine Dokumentation oder Reportage sehe, dann kommt regelmäßig vor, dass ich einzelne Details gegen- bzw. nachrecherchiere. Ich les in der Zeitung über ein Thema, was mich interessiert? Mal schauen, was Wikipedia dazu zu sagen hat. Dank multipler Informationquellen kenn ich zu aktuellen Themen oft Hintergrundinformationen, die dem "normalen" Fernsehzuschauer oder Zeitungsleser verschwiegen werden - und reg mich über die Heuchelei der Berichterstattung auf. Nicht gut für die Nerven *g*.

Aber auch sonst könnte ich mir ein Leben ohne PC und Internet nicht mehr vorstellen. Wenn ich ein Fachbuch lese, dann hab ich schon mehr als einmal STRG-F für die Suchfunktion vermisst. Ein Gerät ohne Bedienungsanleitung - who care's? Tante Google findets... plane ich eine Anschaffung oder einen Vertrag, so werden vorher meist recht umfangreiche Recherchen angestellt, ob das wirklich die sinnvollste Idee ist. Ich hab mir z.B. schon lange kein Buch mehr gekauft, ohne vorher bei Amazon die Rezensionen durchzulesen und (bei Fachbüchern) ggf. Alternativen zu evaluieren. Eine Radtour ist geplant? Mit Google Maps mal eben eine ungefähre Route berechnet und dann per Drag&Drop auf die Nebenstraßen verschoben - inklusive Anzeige der Streckenlänge. Nur die Höhenangaben vermisse ich manchmal ;-). Wie komme ich am besten per Bus und Bahn ans Ziel? Früher musste man alle Fahrpläne zuhause haben oder die Bahn anrufen, heute kann ich ohne Mühe viele verschiedene Varianten miteinander vergleichen. Welche Pflege braucht eine bestimmte Pflanze oder woher kriege ich auf die schnelle ein asiatische Bratnudelrezept? Google und co wissen es... Radio? Wo zwanzig mal am Tag "I Kissed A Girl" läuft? Last.FM bietet mehr Abwechslung und passt sich meinem Geschmack an (dafür zahle ich übrigens auch - ist ja nicht so, dass im Internet alles umsonst sein soll).

Auch kann ich nicht unbedingt sagen, dass ich (bzw. meine Freundin und ich) vereinsammen würden. Im Gegenteil, so intensiv wie ich an einigen Tagen per IM, E-Mail oder Foren kommuniziere hätte ich früher garnicht telefonieren können, ohne dass mein Ohr taub geworden wäre.

Allerdings würde ich nicht sagen, dass man durch das Internet schlauer oder intelligenter wird; es ist eher wie im Studium: Man braucht nicht alles im Kopf haben (außer vor Klausuren *g*), aber man muss wissen, wo und wie man seine Informationen findet. Und ein bisschen Wissen bleibt immer hängen...